Die hl. Bernadette (Maria Bernarda) Soubirous (+16. April 1879)

ãDas Lied von BernadetteÒ ist bekanntlich ein Buch- und Filmtitel. Der Verfasser des Buches mit diesem Titel war der šsterreichische jŸdische Dichter Franz Werfel. Er hat ãdas Lied von BernadetteÒ auf Grund eines gemachten Gelšbnisses und aus Dankbarkeit geschrieben, weil es ihm damals, als den Juden in den LŠndern Mitteleuropas das ãHolocaustÒ, das Ganz- und Brandopfer der totalen Vernichtung in den Konzentrationslagern abverlangt wurde, fast auf wunderbare Weise gelungen war, vor den nationalsozialistischen HŠschern zu fliehen und noch  Lourdes am Fu§ der PyrenŠen zu erreichen. In den Wochen seines Aufenthalts in Lourdes vertiefte sich der Jude Franz Werfel, bevor er seine Flucht Ÿber Spanien nach Amerika fortsetzen konnte, in die Ereignisse des Jahres 1858. Er wurde dabei – obwohl er Jude und kein Christ war – vom Bericht Ÿber die Erscheinungen der Jungfrau Maria vor Bernadette tief ergriffen und schrieb dann – freilich in dichterischer Freiheit und bisweilen allzu romanhaft – die Geschichte Bernadettes von ihrer Geburt im Jahre 1844 bis zu den Marienerscheinungen im Jahre 1858.

ãDas Lied von BernadetteÒ ist das dankbare Loblied auf das wunderbare Eingreifen Gottes in jenen 18 Marienerscheinungen vom 11. Februar bis 16. Juli 1858. ãDas Lied von BernadetteÒ ist aber auch ein ergreifendes Loblied auf jene 14jŠhrige, asthmakranke, durch verschiedene UmstŠnde in der Schulbildung weit zurŸckgebliebene Tochter des herabgekommenen, abgehausten MŸllers Franz Soubirous und der Louise geb. CastŽrot.

Bernadette durfte das Loblied auf jene wunderschšne Dame, die sie achtzehnmal schauen durfte, fortsetzen in ihrem weiteren opfervollen Leben, das reich an Krankheit, Verkennung und Leid blieb, bis es dann am 16. April 1879 zu Ende gesungen wurde, als sie, die zu Beginn des Jahres 1866 bei den Caritas- und Schulschwestern von St. Gildard in Nevers-sur-Loire (Zentralfrankreich) eingetreten war, in das jenseitige GlŸck eingehen durfte, das ihr die jungfrŠuliche Gottesmutter versprochen hatte mit den Worten: ãIch will dich glŸcklich machen, aber nicht in dieser Welt, sondern in der anderen.Ò.

Die Geschichte der ihr zuteil gewordenen 18 Marienerscheinungen hat Bernadette selber 1866 in folgender Weise niedergeschrieben: ãDas erste Mal, als ich bei der Grotte war, ging ich mit zwei anderen MŠdchen Holz sammeln; als wir bei der MŸhle waren, fragte ich sie, ob sie nachschauen wollten, wo das Wasser von der MŸhle sich mit dem Gave-Fluss vereinigt. Sie antworteten mir ja. Von dort an folgten wir dem Kanal; dort angekommen, befanden wir uns vor einer Grotte; da sie nicht weitergehen konnten, begannen meine Begleiterinnen, dort durch das Wasser zu waten, das sich vor der Grotte befand. Ich befand mich also allein auf der anderen Seite. Ich fragte die beiden anderen, ob sie mir helfen wollten, einige Steine in das Wasser zu werfen, um zu sehen, ob ich hindurchgehen kšnnte, ohne mir die Schuhe auszuziehen; sie sagen mir, ich sollte es wie sie machen, wenn ich wollte; ich ging dann ein bisschen weiter, um zu sehen, ob ich hindurchgehen kšnnte, ohne mir die Schuhe auszuziehen, aber vergebens. Dann ging ich zur Grotte zurŸck und begann, mir die Schuhe auszuziehen. Kaum hatte ich den ersten Strumpf ausgezogen, hšrte ich ein GerŠusch, als wenn es ein Windsto§ gewesen wŠre. Dann wandte ich den Kopf in Richtung der Wiese; ich habe die BŠume ganz ruhig gesehen; dann fuhr ich fort, mir die Schuhe auszuziehen; ich hšrte noch das gleiche GerŠusch, als ich den Kopf hob, wŠhrend ich die Grotte betrachtete, bemerkte ich eine Dame in Wei§; dann wurde ich ein wenig ergriffen; und da ich glaubte, vor einer TŠuschung zu stehen, rieb ich mir die Augen; aber vergebens; ich blickte wieder hin; ich sah immer die gleiche Dame; dann fuhr ich mit der Hand in die Tasche, ich nahm meinen Rosenkranz und wollte das Kreuzzeichen machen; aber vergebens; ich konnte die Hand nicht zur Stirn bringen; meine Hand fiel herab; dann bemŠchtigte sich die Ergriffenheit meiner noch stŠrker; die Dame nahm den Rosenkranz, den sie in den HŠnden hielt, und sie machte das Kreuzzeichen; dann habe ich ein zweites Mal versucht, es zu machen, und diesmal konnte ich es. Sobald ich das Kreuzzeichen gemacht hatte, verschwand die starke Ergriffenheit, die ich empfand. Ich warf mich auf die Knie und betete den Rosenkranz in Gegenwart jener schšnen Dame. Die Erscheinung lie§ die Perlen des ihrigen laufen; aber sie bewegte die Lippen nicht. Nachdem sie den Rosenkranz gebetet hatte, gab sie mir ein Zeichen nŠherzutreten; aber ich habe es nicht gewagt; dann verschwand die plštzlich. Ich begann den anderen Strumpf auszuziehen, um das bisschen Wasser vor der Grotte zu durchwaten; und wir sind dann davongegangen.

Unterwegs habe ich meine Begleiterinnen gefragt, ob sie nichts gesehen hŠtten. ãNeinÒ, gaben sie mir zur Antwort; ãund du, du hast etwas gesehen.Ò – ãO nein, wenn ihr nichts gesehen habt, habe ich auch nichts gesehen.Ò Ich glaubte, mich getŠuscht zu haben. Ich wollte ihnen nichts sagen, aber sie haben mich so sehr gebeten, dass ich mich entschloss, es ihnen zu sagen, aber unter der Bedingung, dass sie mit niemand darŸber sprŠchen. Sie versprachen mir, das Geheimnis zu bewahren, aber sobald sie daheim angekommen waren, gab es nichts Eiligeres, als zu erzŠhlen, was ich gesehen hatte. So war es beim ersten Mal; es war Donnerstag, der 11. Februar 1858.

Das zweite Mal geschah es am folgenden Sonntag. Ich kehrte mit mehreren MŠdchen dorthin zurŸck, weil ich mich innerlich gedrŠngt fŸhlte. Meine Mutter hatte mir verboten hinzugehen. Nach dem Hochamt gingen die beiden anderen MŠdchen und ich noch einmal zu meiner Mutter, um sie darum zu bitten. Sie wollte nicht; sie sagte mir, dass sie fŸrchte, dass ich ins Wasser falle; sie fŸrchtete, dass ich nicht zurŸcksein wŸrde, um an der Vesper teilzunehmen. Ich versprach es ihr, dann gab sie mir die Erlaubnis zu gehen. In der Kirche nahmen wir eine kleine Flasche voll Weihwasser mit und gingen zur Grotte. Dort angekommen, zog jede ihren Rosenkranz heraus und wir knieten nieder, um ihn zu beten. Kaum hatte ich das erste GesŠtzchen gebetet, bemerkte ich die gleiche Dame; dann begann ich, Weihwasser auf sie zu sprengen, wobei ich sagte, wenn sie von Gott komme, solle sie bleiben, wenn nicht, solle sie verschwinden und ich beeilte mich, sie immer wieder zu besprengen. Sie begann zu lŠcheln und sich vorzubeugen; und je mehr ich sprengte, umso  mehr lŠchelte sie... Nachdem wir den Rosenkranz zu Ende gebeten hatten, entfernten wir uns, um zur Vesper zu gehen. So war es beim zweiten Mal.

Das dritte Mal am folgenden Donnerstag. Ich ging hin mit mehreren erwachsenen Personen, die mir rieten, Papier und Tinte mitzunehmen und zu bitten, wenn sie mir etwas zu sagen hŠtte, die GŸte zu haben, es mir schriftlich zu geben. Dort angekommen, begann ich, den Rosenkranz zu beten. – Nachdem ich das erste GesŠtzchen gebetet hatte, sah ich die gleiche Dame. Ich sagte der Dame die gleichen Worte. Sie begann zu lŠcheln und sagte mir, dass es nicht notwendig wŠre, das, was sie mir zu sagen hŠtte,  zu schreiben, aber ob ich die GŸte hŠtte, 15 Tage lang herzukommen. Ich antwortete ihr ja. Sie fŸgte hinzu, dass ich den Priestern sagen sollte, dass sie eine Kapelle bauen lassen sollten, dass ich an der Quelle trinken und mich dort waschen sollte. Da ich keine solche Quelle sah, ging ich an den Gave, um zu trinken – Sie sagte mir, dort wŠre es nicht;  sie gab mir mit dem Finger ein Zeichen, wobei sie mir die Quelle zeigte. Ich ging hin, ich sah nur ein wenig schmutziges Wasser, streckte die Hand danach aus. Ich konnte nichts fassen; ich begann zu kratzen; danach konnte ich etwas fassen. Dreimal habe ich es weggeworfen; beim vierten Mal konnte ich davon trinken. Sie fŸgte hinzu, dass ich fŸr die SŸnder beten sollte. Sie wiederholte mir mehrmals diese gleichen Worte; sie sagte mir drei Dinge, deren Geheimnis ich bewahren muss. Sie sagte mir auch, dass sie mir nicht versprŠche, mich in dieser Welt glŸcklich zu machen, aber in der anderen, und eines Tages befahl sie mir, vom Gras zu essen, das sich an der gleichen Quelle befand, wo ich trinken ging: nur einmal; ich wei§ nicht, warum.

Beim dritten Mal suchte ich den Herrn Pfarrer (Peyramale) auf, um ihm zu sagen, dass eine Dame mir befohlen hŠtte, den Priestern zu sagen, sie sollten eine Kapelle bauen lassen; er blickte mich einen Augenblick an und sagte in einem nicht sehr gŸtigen Ton: ãWer ist diese Dame?Ò Ich antwortete ihm, dass ich es nicht wŸsste. Da trug er mir auf, sie nach ihrem Namen zu fragen und ihn ihm zu sagen. Als ich tags darauf zur Grotte gekommen war und nachdem ich den Rosenkranz gebetet hatte, fragte ich sie im Auftrag des Herrn Pfarrers nach ihrem Namen, aber sie lŠchelte blo§. ZurŸck, ging ich zum Herrn Pfarrer, um ihm zu sagen, dass ich den Auftrag ausgefŸhrt hŠtte, dass sie aber keine andere Antwort gegeben hŠtte als ein LŠcheln; da sagte er mir, dass sie sich Ÿber mich lustig macht, und dass ich gut tun wŸrde, nicht mehr dorthin zurŸckzukehren; aber ich konnte mich nicht enthalten, hinzugehen. Ich ging 15 Tage hin und ich fragte sie jedes Mal, wer sie wŠre – was sie immer zum LŠcheln brachte.

Nach den 15 Tagen habe ich sie es dreimal hintereinander gefragt und es war erst beim vierten Mal, als sie mir sagte, dass sie die Unbefleckte EmpfŠngnis sei. Dann ging ich von neuem zum Herrn Pfarrer, um ihm zu erzŠhlen, dass sie mir gesagt hatte, dass sie die Unbefleckte EmpfŠngnis sei, und er fragte mich, ob ich dessen ganz sicher wŠre. Ich antwortete ja und dass ich, um dieses Wort nicht zu vergessen, es auf dem ganzen Weg wiederholt hŠtte.

Bernadette musste ob der gro§en, ihr zuteilgewordenen Gnaden viele Verkennungen und Anfeindungen erleiden, sie wurde polizeilichen Verhšren unterzogen, sie musste sich auch einer Bischšflichen Untersuchungskommission stellen, von der sie vier Jahre lang aufs Strengste geprŸft wurde, bevor die Kirche dem MŠdchen Glauben schenkte und Bischof Laurence am 18. Januar 1862 die Echtheit der Erscheinungen proklamierte. Ende MŠrz 1862 erkrankte Bernadette an einer schweren LungenentzŸndung; am 28. April 1862 empfing sie die Krankensalbung; dabei wurde sie plštzlich wieder gesund. Im Mai 1862 erklŠrte sie:  ãIch muss Ordensschwester werden, aber ich wei§ nicht, in welchem Orden, die seligste Jungfrau hat es mir nicht gesagt. Ich warte.Ò Schlie§lich trat sie in Nevers am 4. Juli 1865 ein, nachdem sie tags zuvor zum letzten Mal bei der Grotte der Erscheinung gebetet hatte.

Bernadettes Los in dieser Welt – auch im Kloster zu Nevers – war und blieb Krankheit und Leid. Dazu kamen DemŸtigungen und Verkennungen aller Art. Man schob im Kloster Bernadettes Ordensprofess immer wieder hinaus, um die ãSeherin von LourdesÒ, wie man sagte, vor Hochmut zu bewahren. Erst als Bernadettes Krankheit eine lebensbedrohende Wendung nahm, konnte man ihr die GelŸbdeablegung nicht mehr verweigern. Von Atemnot und Herzbeklemmungen gequŠlt, erlag die erst 35jŠhrige Ordensschwester ihrem Leiden am 16. April 1879; ihre letzten Worte, die sie dreimal wiederholte, waren: ãHeilige Maria, Mutter Gottes, bitte fŸr mich arme SŸnderin!Ò

Vor ihrem Tod, nochmals nach ihrer Geschichte befragt, sagte Bernadette: ãSchauen Sie, meine Geschichte ist ganz einfach: Ich habe der seligsten Jungfrau als Besen dienen dŸrfen. Und als sie mich nicht mehr brauchte, hat man den Besen an seinen Platz hinter die TŸr gestellt, in die Ecke. Da ist mein Platz, da bleibe ich.Ò

30 Jahre nach ihrem Tod, als man anlŠsslich des Seligsprechungsprozesses das Grab Bernadettes in Nevers šffnete, fand man ihren Leichnam ohne die geringste Spur der Verwesung. So wie man sie damals fand, ruht nun die am 14. Juni 1925 von Pius XI. Selig- und am 8. Dezember 1933 vom gleichen Papst Heiliggesprochene im Glasschrein aus Gold und Kristall in der Klosterkapelle von Nevers in ihrer schwarzen Ordenstracht, das Haupt etwas geneigt, die HŠnde Ÿber dem Herzen gefaltet. Sie lehrt die Menschen ein Dreifaches:

  1. Bernadette sagt zu allererst das Gleiche, das sie hunderten, ja tausenden Menschen einst auf die Frage geantwortet hat, ob denn das, was sie vom 11. Februar bis 16. Juli 1858 in der Grotte Massabielle gesehen hat, wirklich echt und wahr sei, und ob sie damals nicht vielleicht doch einer SinnestŠuschung erlegen sei: ãIch wei§, es war wirklich Maria, die seligste Jungfrau, die Unbefleckt Empfangene, die sich damals geoffenbart hat, um das ihr verliehene Gnadenprivileg ihrer Unbefleckten EmpfŠngnis, das Papst Pius IX. am 8. Dezember 1854 feierlich als Dogma verkŸndet hat, zu bestŠtigen. In einem Brief an Papst Pius IX. hat Bernadette am 17. Dezember 1876 folgendes geschrieben: ãHeiliger Vater... Immer wenn ich nach Ihren Intentionen bete, kommt mir vor, die heilige Jungfrau mŸsse vom Himmel her oft ihre Blicke auf Sie werfen, da Sie ihre Unbefleckte EmpfŠngnis proklamiert haben, und vier Jahre spŠter diese gute Mutter auf die Erde kam, um zu verkŸnden: ãIch bin die Unbefleckte EmpfŠngnis. Ich wusste damals nicht, was das Wort bedeutet. Ich hatte es noch nie gehšrt. Seither sage ich mir, wenn ich darŸber nachdenke, dass die heilige Jungfrau so gut ist. Es scheint, sie sei gekommen, um das Wort Unseres Heiligen Vaters zu bestŠtigen.
  2. Bernadette sagt allen, sie sollten auf die Schšnheit der unbefleckt empfangenen Gottesmutter wie auf einen Spiegel schauen und daraus lernen, dass die Schšnheit der Seele unsagbar wertvoller ist als die des Leibes, und sollten beachten, worin die wahre Seelenschšnheit besteht. Es ist so bezeichnend, dass Bernadette Ÿber die erste Marienstatue, die der Bildhauer Fabisch nach ihren, diesem am 22. Mai 1866 gemachten Angaben gestaltet hatte, so traurig war und dabei sagte: ãMeine gute Mutter, wie man Dich nur entstellt hat! Du bist doch unsagbar schšner! Wenn Dich die KŸnstler einmal in der vollen Wirklichkeit sehen werden, werden sie gar sehr staunen! Die Schšnheit der unbefleckten, vom hellen Lichtglanz der Gnade umflossen. Bernadette durfte ihr in die Augen schauen: sie verga§ diesen Anblick ihr Leben lang nicht mehr.
  3. Was die Gottesmutter zu Bernadette gesagt hat – ãIch verspreche dir, dich glŸcklich zu machen, aber nicht hier auf Erden, sondern drŸben!Ò -, das lŠsst die hl. Bernadette als Botschaft Mariens allen Menschen Ÿbermitteln. Es geht um das jenseitige GlŸck im Himmel. Im schon zitierten Brief an Papst Pius IX. hat Bernadette unter anderem auch geschrieben: ãMeine Waffen sind das Gebet und das Opfer, die ich bis zu meinem letzten Seufzer bewahren werde; dann erst wird die Waffe des Opfers (mir aus den HŠnden) sinken, aber die des Gebetes wird mir bis in den Himmel folgen, wo sie viel stŠrker sein wird als in diesem Elend auf Erden.

Den Himmel hat die Gottesmutter der kleinen Bernadette versprochen. Aber sie hat ihn mit den beiden von ihr genannten Waffen hart erkŠmpfen mŸssen. Bald nach den Erscheinungen fragte ein Priester Bernadette sehr kritisch aus und sagte zu ihr unter anderem: ãDa die Dame dir ja versprochen hat, dich in der anderen Welt glŸcklich zu machen, brauchst du dich Ÿber nichts mehr beunruhigen und kannst dich ruhig auf diesem Versprechen ausruhen.Ò Darauf antwortete die scheinbar dumme und ungebildete Bernadette: ãSchšn langsam, Herr Pfarrer, Sie tŠuschen sich sehr, wenn Sie das meinen. Ich werde glŸcklich sein im Himmel, ja, aber nur, wenn ich tue, was sich ziemt und meinen Weg geradeaus gehen.Ò

Zur Charakterisierung dieser marianischen Heiligen sei noch bemerkt: Sie hat sich auf die ihr zuteilgewordenen Erscheinungen der Gottesmutter nie etwas eingebildet und dieses Privileg nie als Garantie betrachtet, dass sie sicher in den Himmel kommt. Als ein Priester zu Bernadette gesagt hatte: ãIch bin darŸber hšchst erstaunt, dass die seligste Jungfrau dir, gerade dir erschienen sein sollÒ, da fragte sie: ãWarum sind Sie darŸber erstaunt?Ò Darauf der Priester: ãNun, weil ich fest Ÿberzeugt bin, das es in der Stadt Lourdes andere, sehr viel artiger und bessere MŠdchen gegeben hŠtte als dich!Ò Und Bernadette darauf: ãDa haben Sie wohl recht. Das hat sich sicher die Gottesmutter selber auch gedacht!Ò Und spŠter, als die Seherin schon im Kloster zu Nevers weilte, wurde sie von einer Vorgesetzten gefragt: ãHaben Sie denn gar keine Anfechtungen von Hoffart gespŸrt, so von der seligsten Jungfrau bevorzugt worden zu sein?Ò Darauf Bernadette: ãWas fŸr eine Vorstellung haben Sie nur von mir?! Als ob ich nicht wŸsste, dass die seligste Jungfrau mich nur deshalb erwŠhlt hat, weil ich die Unwissendste und Ungeeignetste war! Wenn sie noch eine Unwissendere gefunden hŠtte, so hŠtte sie sicher diese erwŠhlt!

Zu den 58 erhalten gebliebenen Briefen der hl. Bernadette hat der bekannte Schweizer Theologe Hans Urs von Balthasar fŸr die deutsche Ausgabe in seiner ãEinfŸhrungÒ folgende beachtenswerte Bemerkung gemacht:

ãDass Lourdes zu dem einzigartigen kirchlichen Ereignis werden konnte, das es war und bleibt, ist nicht zuletzt Bernadettes vollkommener, ahnungsloser, unbetonter Transparenz zu danken, die das aufstrahlende Licht ungebrochen durchgeben konnte. Gerade weil Bernadette nicht im Geringsten auf sich reflektiert – im Gegensatz etwa zur Therese von Lisieux, zu deren Auftrag die Formulierung einer gewissen Lehre gehšrte -, kann sie wie ein Spiegel das auf sie geworfene Licht reflektieren. Man wundert sich beim Lesen ihrer Briefe, wie wenig Andeutungen sie Ÿber die Erscheinungen macht, die doch das eine Ereignis ihres Daseins bilden. Sie sehnt sich zwar nach ihrer ãGeliebten GrotteÒ – ãDort findet ihr mich zumeistÒ, schreibt sie aus ihrem Kloster an ihre Schwester, ãich gehe sehr oft hin, auch ohne ErlaubnisÒ, ihr Herz ist dort fixiert, aber ihre Phantasie und ihr Denken arbeitet an den Offenbarungen nicht weiter; sie hat – bis zum †berdruss – das ihr Aufgetragene durchgeben mŸssen, aber kein eigenes Wort darŸber hinaus hinzugefŸgt, nichts ausgesponnen – im vollen Gegensatz zur unseligen Melanie, die, vom sie bedrŠngenden Klerus verfŸhrt, zu den echten Schilderungen ihrer ursprŸnglichen Vision von La Salette einen ganzen phantastischen Roman hinzugedichtet hat...

Bernadettes katholische SpiritualitŠt ist in keiner Weise einseitig (marianisch) verschoben. Stets erwŠhnt sie Christus vor Maria, die Sakramente, zumal die Eucharistie, behalten den ersten Platz, ihr Gebet ist kirchlich ãfŸr die armen SŸnder, fŸr unseren Heiligen Vater, fŸr die heilige Kirche, fŸr die Seelen im FegfeuerÒ. Aber sie hat ihre šffentliche Sendung fŸr die Kirche erfŸllt; wenn sie weiterzuleben hat, dann in der Verborgenheit des Klosters, um dem Bu§rufs Mariens zu genŸgen, im offenbar auferlegter, geheimnisvoller unheilbarer Krankheit, in der Indifferenz zwischen Leben und Sterben, ãganz verborgen nach dem Beispiel MariensÒ.

R. Laurentin hat Bernadette ausgezeichnet charakterisiert, wenn er schrieb: ãIhr Leben lang behielt sie die FŠhigkeit, die seligste Jungfrau nachahmend darzustellen, so dass es auf jedermann ergreifend wirkte, weil ihr ganzes Leben ein Abglanz Mariens geworden war.